Offener Brief BIG-Seeland und WFB an die Stadträte und Bürgermeisterin zur Vergabe des Trinkwassersystems

You are currently viewing Offener Brief BIG-Seeland und WFB an die Stadträte und Bürgermeisterin zur Vergabe des Trinkwassersystems

Fraktionen BIG-Seeland und Wählervereinigung Froser Bürger

An die

Stadträte der Stadt Seeland

Fortführung der Trinkwasserversorgung der Stadt nach Auslaufen des Konzessionsvertrages mit der MIDEWA / ab 1.1.2023

14. Sitzung des Stadtrates, Sitzungen der Ortschaftsräte

Beschlussvorlage der Verwaltung BV/255/2020 für die Ortschaftsräte und Stadtrat

Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,

in der o.a. Beschlussvorlage wird die Übernahme der Trinkwasserversorgung durch den Zweckverband Ostharz vorgegeben.

Um eine sachlich begründete Empfehlung der Ortschaftsräte für einen Stadtratsbeschluss sowie den Stadträten ausreichendes Wissen zur Entscheidungsfindung zu geben haben wir die Bürgermeisterin mit heutigem Schreiben zeitnah um Informationen / Angaben für den Tagesordnungspunkt gebeten.

Hier der wesentliche Teil dieses Schreibens:

(Fragestellungen in Anlehnung an die Tagesordnung / den TOP  für die Ortschaftsrats- und Stadtratssitzungen)

 Die weitere Vorgehensweise in der Bearbeitung des Sachverhaltes ist nach Betrachtung der 3 aufgeführten Möglichkeiten für die Trinkwasserversorgung ab 1.1.2023 zu entscheiden.

Im Text Seite 1 heißt es  „Ein Vergabeverfahren ist nicht erforderlich.“ Warum ist ein solches Verfahren nicht erforderlich?  Welche sachlichen Gründe gibt es dafür?

Eine solche Entscheidung kann sich doch nur herleiten aus folgenden komplexen Überlegungen:

1.

Auswirkungen auf den Haushalt der Stadt bei Übernahme durch (jährliche Zahlungen!):

MIDEWA     

Gewerbesteuer: 34.000€ + derzeitige Konzession/ohne Gatersleben.: 50.000€ + zukünftige Konzession Gatersleben: 20.000€ + Gewinnausschüttung ab 2023 ????  € (zwischen 30.000 – 70.000 €) = 104.000 €  (garantierte Summe pro Jahr für den Stadthaushalt + Gewinnausschüttung MIDEWA)

ZVO Ostharz

Gewerbesteuer: 0€ + derzeitige Konzession/ohne Gatersleben.: 0€ + zukünftige Konzession Gatersleben: 0€ + Gewinnausschüttung ab 2023 ????  € (zwischen 0 – 0 €) = 0 €  (garantierte Summe pro Jahr für den Stadthaushalt)    

2.

Warum wird ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren für einen künftigen Wasserkonzessionsvertrag von vornherein überhaupt nicht in Betracht gezogen, mögliche Auswirkungen, Vor- und Nachteile den Ortschafts- und Stadträten in keiner Weise dargestellt?

Die Konzessionsabgabe wurde bisher mit nur 6 % gerechnet, künftig wären möglich bis 10 %. Dies bedeutet eine Erhöhung der Einnahmen für die Stadt um ca. 50.000 € auf ca. 155.000 € pro Jahr!!! Kann die Stadt Seeland mit ihrem großen Haushaltsdefizit auf Einnahmen in diesem Umfang freiwillig verzichten?

Ein solcher Betrag im Haushalt ermöglicht z.B. Eigenanteile für geförderte Investitionen, für Ortschaftsmittel für die Vereine, für das gesellschaftliche Leben in den Ortsteilen, für die Finanzierung der hauptamtlichen Bibliothekarin der Stadtbibliothek….

Die Konzessionsabgabe und eine Gewinnausschüttung können bei einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren zum Wasserkonzessionsvertrag gefordert werden.

3.

Der bestehende Konzessionsvertrag mit der MIDEWA sieht vor, dass die Gemeinde / Stadt nach Ablauf des Vertrages die Wasserverteilungsanlagen der MIDEWA zum Sachzeitwert erwirbt. Wieviel Euro sind dafür aus dem Haushalt der Stadt aufzubringen? Wie kann dieser Betrag finanziert werden – Kreditaufnahme? – derzeit und in den nächsten Jahren wohl kaum möglich bei der Konsolidierung!

Bei einer Vermögensübertragung der Anlagen an den Zweckverband könnte der Kaufbetrag für die Stadt ein „Durchlaufposten“ sein.

Frage:   kann die Stadt diesen ohne kurzzeitige Kreditaufnahme (einschl. Zinszahlung) finanzieren?

Frage:   Hat der Zweckverband Rücklagen in einer derartigen Höhe oder muss er den Erwerb über Kredit (einschl. Zinsen) finanzieren?

Welche Auswirkungen ergeben sich dadurch auf die Preisgestaltung für das Trinkwasser für die Bürger und die Stadt als Endabnehmer? Ab 2023 entfällt der von der MIDEWA gewährte Preisnachlass von 10 % für den Trinkwasserbezug der Stadt, d.h. diese Kosten erhöhen sich für die Stadt. Tragen bei einem einheitlichen Beitragsgebiet die anderen Kommunen (z.B. Quedlinburg, Thale…) die wahrscheinlich höheren Gebühren mit oder muss es mehrere Beitragsgebiete geben und die Bürger im Gebiet „Seeland“ tragen den künftigen höheren Gebührensatz allein?

In all diesen Fällen fallen zusätzliche Kosten für die Stadt und für die Bürger der Stadt an!

 Und das o.a. gehört in der Position „Finanzielle Auswirkung“ erläutert! Das erwarten wir als Vorlage zur Entscheidungsfindung.

 4.

Darüber hinaus ergeben sich zur o.a. Beschlussvorlage weiter folgende Fragen:

Seite 2 der Vorlage, Punkt 1. – welche Gebiete / Themen erfahren eine Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit – außer Abwasser und künftig Wasser – ?

Seite 2 der Vorlage, Punkt 3. – wie ist die derzeitige Stimmenverteilung im ZVO, welchen Anteil hat die Stadt Seeland?

Seite 2 der Vorlage, Tabelle – was bedeuten die Bereitstellungspreise Q 4 bis Q 100?

Seite 3 der Vorlage, Beschlussvorschlag Punkt 2. – was kostet der Stadt diese Tätigkeit des ZVO jährlich?

Wir appellieren an Sie als Ortschafts- und Stadträte, denen die Bürger der Stadt Seeland bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr ihr Vertrauen ausgesprochen haben, die Problematik zur künftigen Trinkwasserversorgung in der Stadt sachlich und allumfassend zu betrachten und zu diskutieren.

Bedenken Sie, jedwede Konzessionsverträge haben eine zu vereinbarende Laufzeit mit einem fiktiven Ende. Danach kann der Markt neu erkundet, neue Liefer- und Preisbedingungen erfragt werden.

Die Kowisa GmbH (Kommunalwirtschaft Sachsen-Anhalt), welche kommunal- und wirtschaftsrechtlich zulässige Interessen ihrer Gesellschafter – und damit auch der Stadt Seeland – in der Ver- und Entsorgungswirtschaft in Sachsen-Anhalts wahrnimmt, schreibt an die Bürgermeisterin am 19.10.2020:

… sie ist davon überzeugt, dass eine Konzessionsvergabe an die MIDEWA im Hinblick auf eine zuverlässige, wirtschaftliche und zukunftsorientierte Daseinsversorgung im Bereich Trinkwasser eine vorteilhafte und sachgerechte Entscheidung darstellt.

(Dieses Schreiben ist den Räten bisher nicht mit den Unterlagen oder separat zu den angeführten Sitzungen ausgehändigt worden!)

Die Übertragung der Trinkwasserversorgung in der Stadt an den Zweckverband jedoch hat eine unbegrenzte / lebenslange Laufzeit! Das heißt, es gibt hier kein Zurück, die Stadt ist dauerhaft an den ZVO gebunden!

Eine Entscheidung muss nicht jetzt im „Galopp“ gefällt werden. Mögliche Übertragungen von Rechten der Stadt an Dritte in dieser Angelegenheit  müssen nicht  zum 1. Januar 2021 vorgenommen werden, auch ein 1. April 2021 oder ein 1. Juli 2021 geben ausreichend Zeit für eine gute Bearbeitung.

 Entscheiden Sie nicht jetzt mit nur dürftigen Informationen zum Sachverhalt Trinkwasserversorgung!

Fordern wir weitergehende Informationen an, lassen Sie uns gemeinsam diskutieren – für ein gutes Ergebnis für die künftige Trinkwasserversorgung zum Vorteil für die Stadt und unsere Bürger!

 

Steve Brose                                            Dieter Gleichner

Vorsitzender der Fraktion                  Vorsitzender der Fraktion WFB

BIG-Seeland