Die Direktkandidatin Grundhild Jahn (Bündnis 90/Die Grünen) beantwortet heute die Fragen von gatersleben.info zur Landtagswahl am 6. Juni

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Am 6. Juni wählt Sachsen-Anhalt einen neuen Landtag. In Vorbereitung der Wahl haben wir die Direktkandidaten des Wahlkreises Aschersleben-Seeland-Falkenstein/Harz-Arnstein gebeten, 10 Fragen zu beantworten, welche hier in unserer Gemeinde Gatersleben von großem Interesse sind. Alle Kandidaten haben von Ortsbürgermeister Mario Lange die gleichen Fragen gestellt bekommen. Bei der Beantwortung der Fragen sollen die Kandidaten die landespolitischen Ideen und Strategien auf die Interessen unseres Ortes herunterbrechen: Was kann die Landespolitik aus der Sicht unserer Direktkandidaten für die Bürger in Gatersleben verändern/verbessern?

Wir veröffentlichen die Antworten ungekürzt und redaktionell unverändert.

  1. Stellen Sie sich bitte kurz vor. Warum sollte der Wähler/die Wählerin Ihnen die Erststimme geben?

Meine Motivation, um mich politisch zu betätigen, ist die Bewältigung der Klimakrise, der zentralen Herausforderung auf allen Ebenen. Die Bewahrung unserer demokratischen Grundrechte ist enorm wichtig. Vor 32 Jahren sind wir für diese Bürgerrechte auf die Straße gegangen. Durch die Wende war es erst möglich, mich politisch zu engagieren und frei zu äußern. Leider werden diese Grundrechte jetzt wieder infrage gestellt und unsere Demokratie offen angegriffen. Wir GRÜNEN wollen uns dem entgegenstellen, mit einer starken Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt.

  1. Das Thema Hochwasserschutz (Stichwort: Rückhaltebecken bei Meisdorf) ist gerade für Gatersleben an der Selke ein sehr wichtiges. Wie steht Ihre Partei zu diesem Thema?

Der Hochwasserschutz an der Selke muss schnellstmöglich verbessert werden! Deshalb hat die GRÜNE Umweltministerin Claudia Dalbert unmittelbar nach ihrem Amtsantritt vor 5 Jahren ja sofort die Initiative ergriffen und alle Beteiligten zum Selkedialog und an den Runden Tisch eingeladen. Dadurch ist eine genehmigungsfähige Planung für den Schutz der Gemeinden an der unteren Selke entscheidend vorangetrieben worden. Weil man sich nun nicht mehr nur auf das „Stichwort Rückhaltebecken bei Meisdorf“ beschränkt, ist jetzt eine Planung auf dem Weg, die durch Einbeziehung von Alternativen Hochwasserschutz und Naturschutz gleichermaßen berücksichtigt. Grüne Umweltpolitik steht für eine zügige Fortsetzung und Begleitung dieser Vorhaben im Interesse der Anwohner der Selke, aber auch im Interesse der Erhaltung der Natur. 

  1. Gatersleben ist ein sehr junger Ort. Bedingt auch durch die gute Infrastruktur und die guten Arbeitsbedingungen wollen hier sehr viele Familien ihren Lebensmittepunkt finden. Der Ort könnte also stabil wachsen. Angesichts der Hochwassergefahren sind Neubauten von Einfamilienhäusern durch das derzeitige Landesrecht aber kaum möglich. Welche Möglichkeiten sehen Sie für diese jungen Familien?

Als Grüne wollen wir für junge Familien auch im ländlichen Raum attraktive Lebensverhältnisse schaffen. Die Ausweisung neuer Wohngebiete in Überschwemmungsgebieten ist nicht im langfristigen Interesse der jungen Bauwilligen. Diese hochwassergefährdeten Areale werden sich aber durch die erwähnten Hochwasserschutzplanungen einschließlich innerörtlicher Schutzmaßnahmen verkleinern (siehe Frage 2). Um Wohnmöglichkeiten zu schaffen, sehen wir Potenzial in der stärkeren Förderung des Aus- und Umbaus von Bestandsgebäuden. Aus unserer Sicht gehören aber zum attraktiven Wohnumfeld in kleinen Orten ein gut ausgebauter ÖPNV, Kindereinrichtungen, ein Dorfladen und Erholungsmöglichkeiten in intakter Natur dazu. Dazu gehört die zukünftig renaturierte Selkelandschaft zwischen Hoym und Gatersleben. 

  1. Die Grundschulthematik war in den vergangenen Jahren immer wieder ein Streitthema im Land und hier vor Ort. Hier wurden über Grundschulverbünde oder einem Grundschulzentrum stark und angeregt diskutiert. Für welche Schulpolitik steht Ihre Partei? Welche Grundschulmodelle sollen nach dem Willen Ihrer Partei finanziell gefördert werden?

Wir wollen eine kommunale Bildungslandschaft mit breitem Angebot, integrierter Schulsozialarbeit in multifunktionalen Schulgebäuden, die auch der Vereins- und Gemeindearbeit zur Verfügung stehen. Das Konzept dafür muss vor Ort von der Kommune ausgearbeitet und akzeptiert werden, um den örtlichen Belangen zu entsprechen. Dafür fordern wir mehr Gestaltungsspielraum für Schulträger und Gemeinden vor Ort. Mindestgrößen für Schulen und Klassen sind der falsche Weg.

  1. Nach der Grundschule geht es für die Schüler weiter. Für welche Bildungspolitik steht Ihre Partei?

Ein dichtes und bedarfsgerechtes Netz an ganztägigen Gemeinschaftsschulen soll dazu führen, lange Wege zu weiterführenden Schulen zu vermeiden. Auch freie Schulen wollen wir unterstützen. Längeres gemeinsames Lernen wird durch die Gemeinschaftsschule ermöglicht. Es kann insbesondere auch durch Schulverbünde von Grundschulen mit weiterführenden Schulen die Möglichkeit aller Schulabschlüsse wohnortnah gewährleistet werden.

  1. Die Kita- und Hortbetreuung ist immer wieder hier vor Ort ein wichtiges Thema. Welche Aussagen hat Ihr Wahlprogramm für diese wichtigen Einrichtungen? Welchen finanziellen Beitrag müssen die Eltern hier zukünftig leisten?

Durch das neue Kita-Gesetz der Kenia-Koalition (KiFöG) wurden bereits Verbesserungen des Personalschlüssels und eine Entlastung für Familien mit mehreren Kindern erreicht.
Wir sehen dennoch weitere Defizite im Rahmen der Personalbemessung und auch der Qualitätsentwicklung.

  1. Die letzte Gebietsreform ist hier vor Ort noch immer zu spüren. Durch die Bildung von Einheitsgemeinden (hier vor Ort der Stadt Seeland) wurden uns starke Kommunen versprochen. Das Gegenteil ist zumindest bei den kommunalen Finanzen zu beobachten. Die Stadt Seeland fährt jedes Jahr mehrere Millionen Euro Neuverschulung ein. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Kommunalfinanzen von Seiten des Landes wieder auf die Füße zu stellen?

Sehr viele Kommunen in Sachsen-Anhalt haben hohe Schulden, die ihnen den Handlungsspielraum nehmen. (Dies ist allerdings keine Folge der Gemeindegebietsreform in Sachsen-Anhalt.)  Die Summe der Landeszuweisungen an die Landkreise und Kommunen ist seit der Regierungsbeteiligung der Grünen 2016 gestiegen, sie sind der drittgrößte Posten im Landeshaushalt. Wir wissen, es gibt bei der Verteilung an die Kommunen Gewinner und Verlierer. Wir wollen die kommunalen Haushalte wieder stärken durch eine Reform des Finanzausgleichsgesetzes. Unter anderem sollen die Landes- und Bundeszuweisungen nicht nur an der (mancherorts schrumpfenden) Einwohner*innenzahl, sondern auch an einen Flächenfaktor koppeln. Kommunen, die strukturell dauerhaft unterfinanziert sind, sollen eine kommunale Grundsicherung erhalten.

  1. Gatersleben ist ein starker Wissenschaftsstandort der Biotechnologie und grüner Gentechnik. Bemühungen diesen Standort weiter auszubauen und zu stärken, liefen in den vergangenen Jahren nicht immer erfolgsversprechend. Wie will Ihre Partei solche landesweiten Leuchttürme weiter stärken?

Gatersleben als Wissenschaftsstandort hat eine große überregionale Bedeutung, worauf wir auch in unserem Wahlprogramm hinweisen.  Die Pflanzenzucht und Biowissenschaft in Gatersleben ist ja nicht nur auf grüne Gentechnik beschränkt. Biotechnologie, konventionelle Züchtung, die weltbekannte Genbank sind unverzichtbar auch beim notwendigen klimafesten Umbau der Landwirtschaft, für krankheits- und klimarobuste regionale Sorten. Wir fordern einen Herbizid- und Pestizidausstieg in der Landwirtschaft anzustreben und brauchen dafür natürlich wissenschaftliche Grundlagen. Wir wollen bei gentechnischen Verfahren einerseits die Freiheit der Forschung gewährleisten und andererseits bei der Anwendung Risiken für Mensch und Umwelt zum Beispiel durch unkontrollierte Verbreitung vermeiden.

  1. Gatersleben ist bekannt für seine vielen internationalen Arbeitskräfte und Einwohner. Die hierfür notwendige Integration ist immer wieder ein Thema auch hier vor Ort. Für welche Integrationspolitik steht Ihre Partei?

Bedingt durch demografischen Wandel und einen immer stärkeren Fachkräftemangel sind wir auf Zuwanderung von Menschen aus dem Ausland angewiesen. Gatersleben ist in Beispiel dafür, dass unser Land durch Einwanderung vielfältiger wird. Die Globalisierung aller Lebensbereiche, auch in der Wissenschaft, muss als Chance gesehen werden. Abschottung und Ausgrenzung lehnen wir ab. Gelingende Zuwanderung ist ein wechselseitiger Prozess, der die Bereitschaft aller Beteiligten voraussetzt, in unserer Gesellschaft zusammenzuleben. Wir wollen bessere Bedingungen für Zuwanderer und einen humanen Umgang mit Geflüchteten, die in Sachsen-Anhalt einen sicheren Aufenthalt und Arbeit suchen. Neben einem fairen Asylverfahren brauchen wir ein Zuwanderungsgesetz auf Bundesebene.

10. Bereits zu DDR-Zeiten war Gatersleben ein guter Wirtschaftsstandort. Heute hat auch unser Ort, mit den übrig gebliebenen Industrieruinen im Ortsbild zu kämpfen. Welche Möglichkeiten sieht das Wahlprogramm Ihrer Partei für den Rückbau bzw. der Entwicklung solcher Ruinen vor?

Innerörtliche Industriebrachen sind natürlich eine Herausforderung für die Städteplanung. Lösungen „von der Stange“ kann es hierbei nicht geben.

Vielen Dank für Ihre Ausführungen.