Der Direktkandidat Marco Kiontke (Die LINKE) beantwortet heute die Fragen von gatersleben.info zur Landtagswahl am 6. Juni

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Am 6. Juni wählt Sachsen-Anhalt einen neuen Landtag. In Vorbereitung der Wahl haben wir die Direktkandidaten des Wahlkreises Aschersleben-Seeland-Falkenstein/Harz-Arnstein gebeten, 10 Fragen zu beantworten, welche hier in unserer Gemeinde Gatersleben von großem Interesse sind. Alle Kandidaten haben von Ortsbürgermeister Mario Lange die gleichen Fragen gestellt bekommen. Bei der Beantwortung der Fragen sollen die Kandidaten die landespolitischen Ideen und Strategien auf die Interessen unseres Ortes herunterbrechen: Was kann die Landespolitik aus der Sicht unserer Direktkandidaten für die Bürger in Gatersleben verändern/verbessern?

Wir veröffentlichen die Antworten ungekürzt und redaktionell unverändert.

  1. Stellen Sie sich bitte kurz vor. Warum sollte der Wähler/die Wählerin Ihnen die Erststimme geben?

Ganz einfach. Ich bin kein guter Redner, ich bin ein Visionär und Macher. Ich rede nicht lange über die Probleme, ich packe sie an.

Die Politik der vergangenen Jahre hat Sachsen-Anhalt erst in diese Ausgangslage gebracht. Ein unterfinanziertes Gesundheitssystem, welches nahe dem Kollaps ist und an Konzerne verkauft wurde, die mit der Gesundheit von uns Profit erwirtschaften. Ein Bildungssystem, in dem die Probleme der Struktur und des Mangels seit vielen Jahren bekannt sind. Eine Politik, die es verschlafen hat, frühzeitig in Polizei und Sicherheit zu investieren. Damit muss jetzt Schluss sein.

  1. Das Thema Hochwasserschutz (Stichwort: Rückhaltebecken bei Meisdorf) ist gerade für Gatersleben an der Selke ein sehr wichtiges. Wie steht Ihre Partei zu diesem Thema?

Das Thema Hochwasserschutz hat gerade in gefährdeten Gebieten eine besondere Bedeutung, wie uns die Vergangenheit gezeigt hat. In Anbetracht der stetigen Klimaveränderungen und deren nicht einschätzbaren Folgen halte ich einen Schutz für bedeutsam. Allerdings muss er für mich im Einklang mit dem Naturschutz und auch den Anforderungen in touristisch bedeutsamen Gebieten, wie in Meisdorf, erfolgen. Dies bedarf einer umfassenden Beteiligung und Abwägung, wie mit dem Selke-Dialog begonnen. Nun müssen aber auch die richtigen Schlussfolgerungen und Alternativen in Betracht gezogen werden. Der Schutz von Gatersleben ist aus meiner Sicht sehr wichtig, um Entwicklungsmöglichkeiten überhaupt zu sichern.

  1. Gatersleben ist ein sehr junger Ort. Bedingt auch durch die gute Infrastruktur und die guten Arbeitsbedingungen wollen hier sehr viele Familien ihren Lebensmittepunkt finden. Der Ort könnte also stabil wachsen. Angesichts der Hochwassergefahren sind Neubauten von Einfamilienhäusern durch das derzeitige Landesrecht aber kaum möglich. Welche Möglichkeiten sehen Sie für diese jungen Familien?

Mit der Umsetzung eines adäquaten Hochwasserschutzes und dem Rückbau einiger Brachen werden Flächen geschaffen, die der Ansiedlung und neuen Baugrundstücken zu Verfügung ständen.

  1. Die Grundschulthematik war in den vergangenen Jahren immer wieder ein Streitthema im Land und hier vor Ort. Hier wurden über Grundschulverbünde oder einem Grundschulzentrum stark und angeregt diskutiert. Für welche Schulpolitik steht Ihre Partei? Welche Grundschulmodelle sollen nach dem Willen Ihrer Partei finanziell gefördert werden?

Zu einem attraktiven Standort für junge Leute und Familien zählen neben der ärztlichen Versorgung auch das Angebot an Kindertagesstätten und Schulen. In den letzten zwei Jahrzehnten sind schon zu viele Grundschulen geschlossen worden. Das Schulnetz ist extrem ausgedünnt und die Schulwege sind schon heute oftmals zu lang. Weitere Schulschließungen lehnen wir daher ab. Es muss um den Erhalt jeder noch bestehenden Schule gekämpft werden.

Sicherlich gehört die Kaethe-Schulken-Grundschule mit ihrem ca.60 Schulkindern zu den kleineren ihrer Art. Allerdings hat uns die Vergangenheit gezeigt, dass es sich lohnt, an diesen Schulen festzuhalten. Die Grundschule in Mehringen hatte vor einigen Jahren ähnlich Zahlen. Derzeit gehen dort über 90 Grundschulkinder zur Schule. „Kurze Wege für kurze Beine“ muss der Maßstab für künftige Planungen bleiben. Es müssen alle Möglichkeiten – z.B. verbesserte Regelungen zu Grundschulverbünden – genutzt werden, um im Interesse der Kindern ein lokales Angebot an Schulen zu erhalten. Sie müssen nicht nach ihrem “Arbeitstag“ noch einen zum Teil 2-stündigen Schulweg zurücklegen. 

  1. Nach der Grundschule geht es für die Schüler weiter. Für welche Bildungspolitik steht Ihre Partei?

Gemeinschaftsschulen sind die richtige Antwort und eine gute Perspektive für das Schulsystem im ländlichen Raum. Eine Struktur, die allen Kindern die gleichen Voraussetzung für Bildung ermöglicht, baut soziale Unterschiede ab. Gemeinsames Lernen schafft Symbiosen und fördert das gemeinsame Lernen. Individuelle Fähigkeiten und Neigungen ergeben sich meist erst im Verlauf des Schullebens. Eine frühzeitige Festlegung und Trennung hemmen die Entwicklung unserer Kinder. Die positive Entwicklung der Gemeinschaftsschulen im Land und auch im Landkreis zeigt, dass dieses Angebot von den Eltern immer stärker gewünscht wird, weil es der Entwicklung der Kinder nutzt. Daher lege ich den Fokus auf die Entstehung von mehr Gemeinschaftsschulen.

  1. Die Kita- und Hortbetreuung ist immer wieder hier vor Ort ein wichtiges Thema. Welche Aussagen hat Ihr Wahlprogramm für diese wichtigen Einrichtungen? Welchen finanziellen Beitrag müssen die Eltern hier zukünftig leisten?

Sachsen-Anhalt verfügt über ein hervorragendes Angebot an Kindertagesstätten. Auch die gesetzlichen Regelungen zur Nutzung dieser Angebote sind beispielhaft für Deutschland. Allerdings sind die zu tragenden Kosten für die Eltern seit Jahren ein Diskussionsthema. Ich habe selbst jahrelang als Vorsitzender des Elternrates von Aschersleben für die Senkung der Beiträge gekämpft. Zum Teil auch mit Erfolg. Für mich ist es das Ziel, eine schnelle Beitragsreduzierung und letztlich eine vollständige Beitragsfreiheit zu erreichen. Die Kosten dafür dürfen auch nicht an der Gemeinde hängenbleiben, sondern müssen vom Land getragen werden. Dafür müssen im Landeshaushalt entsprechende Prioritäten bei der Finanzierung gesetzt werden. Nur lose Wahlversprechen sind von mir nicht zu erwarten.

  1. Die letzte Gebietsreform ist hier vor Ort noch immer zu spüren. Durch die Bildung von Einheitsgemeinden (hier vor Ort der Stadt Seeland) wurden uns starke Kommunen versprochen. Das Gegenteil ist zumindest bei den kommunalen Finanzen zu beobachten. Die Stadt Seeland fährt jedes Jahr mehrere Millionen Euro Neuverschulung ein. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Kommunalfinanzen von Seiten des Landes wieder auf die Füße zu stellen?

Die konkrete Finanzsituation der in der Stadt Seeland und die Gründe für die jahrelange Neuverschuldung sind mir im Einzelnen nicht bekannt. Klar ist aber, dass die Kommunen im Land insgesamt seit vielen Jahren systematisch unterfinanziert sind und ihre Aufgaben vielfach nicht mehr im Sinne der Bürgerinnen und Bürger erfülle können. Da hilft es auch nicht, wenn ein Konsolidierungskonzept nach dem anderen geschrieben wird. Die Einsparmöglichkeiten sind längst ausgereizt und vielfach überzogen. Es nutzen keine neuen Förderprogramme, die entweder für den Bedarf vor Ort nicht passen, die zu aufwändig in der Bearbeitung sind oder für die die Eigenanteile in der Kommune fehlen. Mir nützt kein Sporthallenförderprogramm, wenn ich vor Ort zwei defekte Brücken habe, die ich aus Sicherheitsgründen schließen muss.

Es muss endlich die Grundfinanzierung deutlich angehoben werden. Das will DIE LINKE durch eine andere Finanzverteilung im Land und durch eine andere Steuerpolitik im Bund erreichen. Handlungsfähige Kommunen, die über ihre Schwerpunkte und den Einsatz der Mittel selbst entscheiden, sind die Grundlage für ein funktionierendes Gemeinwesen.   

  1. Gatersleben ist ein starker Wissenschaftsstandort der Biotechnologie und grüner Gentechnik. Bemühungen diesen Standort weiter auszubauen und zu stärken, liefen in den vergangenen Jahren nicht immer erfolgsversprechend. Wie will Ihre Partei solche landesweiten Leuchttürme weiter stärken?

Sachsen-Anhalt bildet jedes Jahr viele Fachkräfte an ihren Hochschulen und Universitäten aus. Leider gelingt es uns nicht, diese dauerhaft zu binden. Unternehmen, die sich ansiedeln wollen, benötigen jedoch Fachkräfte und das Know-How. Wir brauchen daher ein Lebens- und Arbeitsumfeld, das die jungen Menschen hier hält. Darüber hinaus wollen wir mit Unterstützung und Bildung von Netzwerken, wie zum Beispiel der Hochschule Bernburg-Strenzfeld, zukünftig Fachkräfte halten und Unternehmen für den Standort Gatersleben interessieren.

  1. Gatersleben ist bekannt für seine vielen internationalen Arbeitskräfte und Einwohner. Die hierfür notwendige Integration ist immer wieder ein Thema auch hier vor Ort. Für welche Integrationspolitik steht Ihre Partei?

Die derzeitige demographische Lage zeigt deutlich, dass es zukünftig nötig sein wird, mehr ausländische Fachkräfte anzuwerben. In allen Bereichen fehlen gut ausgebildete Mitarbeiter. Wir brauchen daher eine gelebte Willkommenskultur und keine Diskriminierung. Gut ausgebildete Fachkräfte werden in den ausländischen Mitarbeitern keine Konkurrenz sehen, sondern eine Unterstützung bei der Bewältigung der Arbeitsaufgaben.

Wir haben im Bundesdurchschnitt einen sehr geringen Anteil an Ausländischen Mitbewohnern. Ich selbst habe in Köln und auch jetzt in Magdeburg in meinem Pflegeberuf mit Mitarbeitern verschiedenster Nationalitäten (Polen, Kasachstan, Türkei, Portugal, Syrien, Kosovo, Thailand) auf einer Station gearbeitet. Ich habe es immer als Bereicherung empfunden. Andere Erfahrungen schaffen auch Austausch und unterstützen gemeinsame Ziele zu erreichen. Akzeptanz und Wertschätzung sind der Grundbaustein für Integration.

Darüber hinaus gilt auch hier: Gute Lebens- und Arbeitsbedingungen sind die Voraussetzung, dass Menschen zu uns kommen und hierbleiben.

10. Bereits zu DDR-Zeiten war Gatersleben ein guter Wirtschaftsstandort. Heute hat auch unser Ort, mit den übrig gebliebenen Industrieruinen im Ortsbild zu kämpfen. Welche Möglichkeiten sieht das Wahlprogramm Ihrer Partei für den Rückbau bzw. der Entwicklung solcher Ruinen vor?

Mit einer Umstrukturierung der finanziellen Zuwendungen seitens des Landes wird den Kommunen Geld zur Verfügung gestellt, in Selbstverwaltung sich den Ruinen anzunehmen. Entweder erfolgen Abrisse zur Schaffung von neuem Bauland und Industrieansiedlungen. Aber auch die Schaffung von Biotopen auf den Bauruinen unterstützt die Attraktivität des Standortes Gatersleben. Darüber hinaus bieten solche Flächen auch die Möglichkeit für erneuerbare Energien, hier konkret Solarenergie. Die Gemeinde könnte selbst oder über eine Bürgergenossenschaft Strom für den Ort und das Gewerbe produzieren.


Vielen Dank für Ihre Ausführungen.